Ich und mein alter Ego waren ja nun doch schon vor ein paar Tagen in Wien bei unserem besten Freund zu Besuch. Dort kam dann irgendwann die Frage auf, wie belastbar ist mensch mit 'uns'?
Dazu hab ich mir dann doch mal noch ein paar Gedanken gemacht...
So richtig wollte Herr H aus Wien nicht mit mir in die Öffentlichkeit gehen.
Ich muss zugeben, dass ich am Anfang gedacht habe, der soll sich mal nicht so haben. Schließlich beiss ich nicht. Und schon gar nicht seinen süßen Hund oder die Nachbarn...
Doch halt, so einfach ist es wohl doch nicht...
Nach längeren Gesprächen ist mir klar geworden, dass mein Weg zwar mein Weg ist, und das in der Wohnung in der Wohnung ist... Aber... Tja, was aber.... ?
So ein wenig kann ich das Gefühl, dass er mir vermitteln wollte verstehen.
Auf der einen Seite auf dem Dorf vor 2 Jahren war es völlig ok. Da ist man aber auch nicht so direkt mit den Leuten in Kontakt gekommen.
Und jetzt? Da ist zum einen die Anonymität der Großstadt. Zum anderen aber auch der direkte Kontakt mit Hausnachbarn und den Menschen auf der Strasse, die frau / man ja sofort unweigerlich trifft. Und so idiotisch das ist, aber irgendwo kann ich das schon nachvollziehen, dass er keine Lust hat, dass die Nachbarn hinter vorgehaltener Hand auf ihn zeigen und tuscheln:
Das ist der, der so'ne komsiche Tusse zu Besuch hatte. Die sah ja echt merkwürdig aus. Schon ziemlich männlich. Wer weiß, vielleicht ist der ja schwul? Und weiß man in welchen Kreisen der noch alles verkehrt...? Tsss, nee, nee.. Frau Müller, ich kann ihnen sagen. Also mein verstorbener Mann, der hat auch immer schon gesagt ....STOPP!! Wir wollen uns jetzt mal nicht verlieren, ja...??!!
Obwohl, in der Wohngegend würde das wahrscheinlich eher so klingen:
üschte müsch knüsch hüsch tüüsssche, ehh kloppe düsch...oder so...
[Sorry liebe Nachbarn, ist nicht ganz ernst gemeint... ;-)]
Ich gebe zu, dass mich das ein wenig verunsichert hat. Eigentlich will ich doch nur so leben, wie ich es will. Und wenn ich -also Noreen- mal aus dem Haus gehen will, dann sollte das doch genauso möglich und normal sein, als wie wenn (feina deutsch...) mein alter Ego aus dem Haus geht, oder?
Leider ist da wohl noch sehr, sehr viel Aufklärungsarbeit notwendig. Wohl am meisten unter den Geschlechtsgenossen meines alten Ego.
Wovor haben sie nur Angst, wenn sie uns sehen und so aggressiv reagieren? Das 'DAS' ansteckend ist? Und selbst, wenn es so wäre. Dem einen oder anderen würde ein Beinhaarrasur durchaus gut tun. Vielleicht sollte frau Mann mal erklären, dass ein zarter halterloser Feinstrumpf nicht nur als Keilriemenersatz gut ist....
Anyway...
Das ist wohl ein Problem, welches ich hier heute leider nicht lösen kann. Es wäre auch zu schön... Stellt euch mal vor, die Männer entdecken den Vorteil eines Minirocks beim Pinkeln.. Upps, stellt es euch lieber doch nicht vor... ;-)
Ist schon ok, wenn so mancher bunte Bermudashorts tragender Mann bei genau diesen bleibt.. ;-);-) Ein Bierbauch überm Mini... nee, lieber nicht.
Es wird mir wohl also nichts anderes übrig bleiben, als aller 14 Tage / 3 Wochen zu den Transsisters zu stöckeln, dort auf Gleichgesinnte zu treffen und mich dabei einfach gut und wohl zu fühlen. Eben komplett.
Ich darf an dieser Stelle mal auf ein Lied der Gruppe
Früchte des Zorns verweisen:
Mein schönstes Kleid
Einleitungstext des Booklets:
„Wenn ich im Kleid aus dem Haus gehe, werde ich oft bedroht oder angemacht.
Manchmal habe ich einfach nicht mehr den Mut, mich in der Öffentlichkeit so zu bewegen,
wie ich mich wohl und schön fühle.“
Für eine Welt, in der viele Geschlechter und Sexualitäten einen Platz haben.
Songtext:
Eines Tages werde ich aus dem Haus gehen und ich trag mein schönstes Kleid,
ich werde durch die Straßen streifen, und ich nehm mir dabei Zeit.
Und die Leute werden mich ansehen – keiner wird mir drohen, keiner wird mich schlagen,
und sie werden freundliche Worte und Respekt auf ihren Lippen tragen.
Eines Tages werde ich aus dem Haus gehen und ich kann lieben wen ich mag
– wir können beim Küssen die Augen schließen, in der U-Bahn und im Park.
Eines Tages werde ich aus dem Haus gehen und ich muss mich in meiner Kleidung nicht mehr verstecken.
Ich muss keine Angst vor Männern in Gruppen haben und der Tag wird leichter schmecken.
Ich werde mich so schön fühlen, wenn ich die Straßen entlang geh.
Ich werde mich komplett fühlen, wenn ich in den Spiegel seh.
Ich lebe, wie ich mich fühle und mach mich nicht mehr klein.
Und ich werde dafür geliebt und kann ich selber sein.
Ich bin ein Junge und ein Mädchen, ein Mann und eine Frau
– und von allem gar nichts – ich werd sehen, was ich daraus bau.
Ich gehe täglich aus dem Haus.
Ich gehe täglich aus dem Haus.